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Ilka Schröder

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News | Denkpause 7 | 29.05.00

Grüne gegen Schleuser

Der Vorschlag, die Schleuser-Branche an der EU-Ostgrenze zu subventionieren (Denkpause Nr. 6), hat kurz vor Ostern für Aufregung gesorgt.
Für die Berliner Morgenpost (20.4.00) fing der Journalist Markus Günther die Stellungnahme der Grünen-Bundesvorstandssprecherin Antje Radcke ein. »Dümmlich und kontraproduktiv« findet sie die Schleuser-Forderungen. Dazu liefert sie aber weder eine Argumentation, noch die logische Zuspitzung ihrer Aussage. In Bezug auf diejenigen Flüchtlinge, die sich keine Fluchthelfer leisten können, müßte Radckes Konsequenz heißen: »Ausländer raus« oder - im Neue-Mitte-Reimstil - »Parolen statt Polen«. Aus dem an Politikfähigkeit schwer zu übertreffenden Bundesvorstand verlautete außerdem, ich sei »ein Kind, das nichts von praktischer Politik versteht«.
Heide Rühle, Europaabgeordnete der Grünen, distanziert sich mit den Worten »Hier wird höchstens deutlich, daß es Ilka Schröder an Augenmaß und politischer Erfahrung mangelt«. Da sie für die Haushaltspolitik zuständig ist, sind die Realisierungschancen eines Fluchthilfe-Fördertopfes gering.
Heinz-Ludwig Noellenburg, Teilnehmer an den Debatten des Netzwerkes »Basisgrün«, meint: »Über diesen Unsinn lässt sich nicht ernsthaft diskutieren. Der muß in den Mülleimer. Das müßt Ihr klarstellen«. Basisgrün-SprecherInnenratmitglied Karl-W. Koch antwortet mit einem Fehlschluß: »Wer Ilka nicht näher kennt, hat mit ihrer manchmal extrem sarkastischen Art, Sachverhalte auf den Punkt zu bringen, Probleme. Probleme insofern, daß ihre ironisch gemeinten Darstellungen oftmals voll auf der ernstgemeinten Linie anderer Politiker liegen.« Der innenpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Wolfgang Zeitlmann, übt im Bayernkurier »heftige Kritik«. Mein Vorhaben »verschlage einem die Sprache«, schreibt er, bevor er ungewollt eine Erfolgsbilanz der FluchthelferInnen zieht: »Schleuser sind organisierte Kriminelle. Sie nutzen modernste Kommunikationsmittel, besorgen Unterkünfte für Zwischenaufenthalte und betreiben Werbung im großen Stil … (um) Menschen nach Europa zu bringen. Allein im letzten Jahr nachweislich 11.101 ausländische Staatsangehörige!«
Viele Rückmeldungen beziehen sich auf die »skrupellose Ausnutzung« von Flüchtlingen durch »Menschenhändler«. Der Beitrag der rot-grünen Bundesregierung zum tödlichen Ausbau der Grenzen wurde nur in wenigen Rückmeldungen aus den Reihen der Partei reflektiert. Einen Gegenvorschlag, wie die deutsche Flüchtlingspolitik ohne die Förderung von SchleuserInnen humaner gestaltet werden kann, fehlte völlig. Anonyme Beschimpfungen (»Dreckspack, Unkraut, gehört ausgepeitscht«) rundeten die Rückmeldungen ab. Rückenwind für eine Subventionierung der SchleuserInnen kam aus antirassistischen Initiativen und Organisationen sowie von Personen, die selbst - mit Hilfe von FluchthelferInnen - die Grenze DDR-BRD überwunden haben.
Für die meisten heutigen regierungselitären wie basisnahen Grünen, die damals noch in Gruppen wie »Revolutionärer Kampf«, DKP, KBW etc. aktiv waren, waren diese »Republikflüchtigen« damals ebenso unerwünscht, wie jetzt die Flüchtlinge an der Ostgrenze.
Termin-Tip:
9.-12.06.00 »Keine Festung steht für immer«, siehe Terminkasten S. 6
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Gesetze gegen Viren

Wenn Parlamente über Informationstechnologien debattieren, kommt selten etwas Sinnvolles dabei heraus: Wie schon in der letzten Ausgabe der »Denkpause« prognostiziert, bekam im Europäischen Parlament ein Antrag gegen die Anonymität im Internet eine große Mehrheit. Im Plenum gab es von den 626 Abgeordneten nur eine einzige (meine) Gegenstimme.
Im Deutschen Bundestag wurde am 11. Mai über die Haltung der Bundesregierung zur Erhöhung der Sicherheit im Internet vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit dem »I love you«-Virus debattiert: Da wurden Pakete mit Sofortmaßnahmen, Alarmsignalen, Firewalls und - auch von Grünen - die Verschärfung und Ausnutzung von Strafgesetzen eingefordert. Dabei müßte es jedem halbinformierten Internet-User bekannt sein, daß man von Microsoft-Programmen lieber die Finger läßt, wenn die Daten auf dem Computer sicher sein sollen.
Die GesetzesverschärferInnen zielen leider nicht auf dumme Microsoft-BenutzerInnen oder den Hersteller selbst ab, sondern auf die Ausweitung der Schnüffel-Befugnisse von »Cyber-Cops«.
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Nationalelitäres Europa

»Ein europäisches Parlament muß deswegen immer ein Doppeltes repräsentieren: ein Europa der Nationalstaaten und ein Europa der Bürger. Dies wird sich nur machen lassen, wenn dieses europäische Parlament die unterschiedlichen nationalen politischen Eliten und dann die unterschiedlichen nationalen Öffentlichkeiten tatsächlich zusammenführt.«
Diese Worten kommen nicht aus einem Papier der Fraktion »Europa der Nationen«, sondern aus dem Redemanuskript von Außenminister Joseph Fischer. Er verkündete am 12.05.2000 in der Berliner Humboldt-Universität seine Ideen von einem »Gravitationszentrum« der Avantgarde Europas.
Im Tagesspiegel (18.5.2000) macht Karl Lahmers, außenpolitischer Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion, berechtigterweise seine Urheberschaft am Konzept »Kerneuropa« geltend. Lahmers hatte schon 1994 mit Wolfgang Schäuble ein Papier mit ähnlichen Vorstellungen verfaßt.
In der Fraktion der Grünen im Europäischen Parlament wurden Fischers Vorschläge als »wenig vorwärtsweisend und inhaltsleer« bezeichnet. Die Abgeordnete Elisabeth Schroedter faßt die Diskussion zusammen: »Unisono wurden die konstitutionellen Vorschläge als Rückschritt und wenig hilfreich für die grünen Demokratisierungsbemühungen auf der europäischen Ebene beurteilt.«
http://www.auswaertiges-amt.de/4_europa/index.htm

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Grüner Strom

Umweltverbände, die Grünen und inzwischen sogar Teile der Anti-Atom-Bewegung machen Kampagnen für den Umstieg auf »Grünen Strom« aus regenerativen Energiequellen. Meine Kritik daran ist im Netz abrufbar:
http://www.ilka.org/themen/atom1.html
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Expo-Protest

Infos und Links zur Mobilisierung gegen die EXPO-Eröffnung am 1. Juni 2000 gibt es unter www.ilka.org/antiexpo

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Lufthansa schiebt ab

Das bundesweite Netzwerk »kein mensch ist illegal« will mit der Kampagne »Deportation Class - gegen das Geschäft mit Abschiebungen« den zwangsweisen Transport von Menschen verhindern. »Wir werden auf die Profiteure des schmutzigen Geschäfts Druck ausüben, indem wir die Öffentlichkeit informieren und die Passagiere und das Bordpersonal zum Eingreifen auffordern«, erklärte ein Aktivist die Kampagne. Die Aktion richtet sich zunächst vor allem gegen die Lufthansa, weil diese ihre Flugverbindungen in die ganze Welt für Abschiebungen zur Verfügung stellt und sich so zur willfährigen Handlangerin der brutalen Abschiebepraxis macht. Andere Fluglinien, wie z.B. die belgische Sabena, haben nach Todesfällen bei Abschiebungen in ihren Maschinen mit der Beförderung von »Deportées« aufgehört.
Wie wichtig der Lufthansa Grundrechte sind, zeigt sich auch an ihrem Verhalten in Sachen Pressefreiheit. Als die Financial Times Deutschland aus einem internen Vorstandspapier der Flieger zitierte, drohte die Lufthansa mit der Aufkündigung der Kooperation und führte 10.000 Exemplare der Zeitung nicht ihren KundInnen, sondern dem Altpapier zu.
www.deportation-alliance.com

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Knete für Jugend

Nach langem Streit über die Höhe der Förderung hat das EP jetzt einem Kompromiß zugestimmt: Das »Programm Jugend« wird 2000 bis 2006 fortgesetzt. Es beinhaltet den Austausch von Jugendgruppen, den Europäischen Freiwilligendienst und die Förderung von z.B. kulturellen oder antirassistischen Initiativen junger Menschen. Die Beantragung der Finanzen ist relativ einfach.
www.ijab.de

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