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News | Denkpause 9 | 27.09.00

Kein Parteiausschluss

Die hessischen Grünen wollen offensichtlich keinen Parteiausschlussantrag gegen mich stellen. Ihr Ultimatum für eine Entschuldigung wegen einer Kritik am einzigen zur Zeit für die hessischen Grüne im EP vertretenen Abgeordneten Ozan Ceyhun verstrich am 6. August 2000 ohne Konsequenzen. Der Vorsitzende der hessischen Grünen, Dr. Hubert Kleinert, mußte bei anderer Gelegenheit einräumen, daß sein Landesverband im letzten Jahr etwa zehn Prozent der Mitglieder verloren hat und sich jetzt mit dem Problem konfrontiert sieht, nicht genügend KandidatInnen für die hessische Kommunalwahl 2001 aufstellen zu können. Ozan Ceyhun unterstrich in einer Presseerklärung, daß er seinen Kampf gegen FluchthelferInnen engagiert weiterführen will. Die Fraktion Grünen/EFA wird am 18. Oktober 2000 über das weitere Vorgehen gegenüber »illegaler Einwanderung« beraten. Der Fraktionsvorstand machte in einem Brief zur Kontroverse mit Ozan Ceyhun bereits deutlich, daß sich die Fraktionsmehrheit höchstwahrscheinlich dafür aussprechen wird, daß eine EU-Einwanderungspolitik »natürlich nicht härtere polizeiliche Maßnahmen anwenden darf«. Wer den 47 Fraktionsmitgliedern seine Meinung zum Thema sagen will, kann bei mir unter bruxelles@ilka.org eine Liste der eMail-Adressen anfordern oder unter www.euoparl.eu.int selbst suchen.

Weiteres zur Schleuser-Kontroverse
www.ilka.org/themen/fe.html


»Die Berufung des türkischstämmigen Unternehmers Vural Öger für die Zuwanderungskommission der Bundesregierung durch Bundesinnenminister Otto Schily ist ein erfreulicher und wichtiger Schritt. … Wir freuen uns ganz besonders.« Presseerklärung Ozan Ceyhun

Eine gesteuerte Einwanderung von jungen Ausländern nach Deutschland forderte das Mitglied der Zuwanderungskommission, der türkischstämmige Reiseunternehmer Vural Öger. Die Zuwanderer müssten ausgewählt werden. »Es kann nicht sein, daß Menschen kommen, die keinen Beruf haben und hier nicht arbeiten können, weil ihre Arbeit nicht gebraucht wird und die dann den Sozialkassen zur Last fallen. … Die Einwanderer müssen sich zu Deutschland bekennen.«
Kölner Stadtanzeiger 14.09.2000

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Familiennachzug für Reiche

Das Europäische Parlament (EP) genehmigte die von der Kommission vorgeschlagene Richtlinie zur Familienzusammenführung von Nicht-EU-BürgerInnen.
Die Richtlinie erleichtert denjenigen MigrantInnen die Einreise, deren Familienangehörige bereits legal in der EU ansässig sind. Die konservative Fraktion im EP (CDU/CSU etc.) scheiterte mit ihrem Versuch, die in weiten Teilen liberale Vorlage der Kommission umfassend zu demontieren und das Zuzugsrecht auf die Kernfamilie, also EhegattInnen und minderjährige Kinder, zu beschränken. Statt dessen ist künftig auch der Nachzug von Eltern, Großeltern und erwachsenen Kindern möglich. Damit wurde auch für Deutschland der Kreis der Berechtigten erheblich ausgeweitet. Positiv an der Regelung ist außerdem, daß ein für die Mitgliedstaaten verbindliches und für die Betroffenen einklagbares Recht geschaffen wurde. Das EP betonte ausdrücklich, daß die Mitgliedstaaten auch weiterhin das Recht haben, Regeln zu erlassen, die für die MigrantInnen günstiger sind.
Ein Nachteil der Richtlinie ist jedoch, daß sie nur für anerkannte AsylbewerberInnen gilt. Für diese Beschränkung haben sich vor allem die deutschen und die österreichischen SozialdemokratInnen eingesetzt. Flüchtlinge, die nur vorübergehenden Schutz geniessen, wie z. B. Menschen, die wegen des NATO-Krieges aus dem Kosovo in die EU flohen, bleiben also außen vor. Das zweite Problem besteht darin, daß bei unverheirateten und gleichgeschlechtlichen Partnern ein Nachzug nur dann möglich ist, wenn diese Form der Lebensgemeinschaft auch im jeweiligen Mitgliedsland der Ehe gleichgestellt ist. Das aber können allerdings nur wenige Mitgliedsstaaten für sich in Anspruch nehmen.
Innenminister Otto Schily (SPD) hat bereits Widerstand gegen die Regelung angekündigt, da er mit einem »Flüchtlingsstrom in sechsstelliger Höhe« rechnet. Da Nicht-EU-BürgerInnen, die sich in Deutschland aufhalten wollen, aber trotz rot-grüner Regierung nach wie vor hohe bürokratische Hürden zu überwinden haben, ist diese Zahl völlig realitätsfern. Voraussetzung ist nämlich unter anderem, daß mensch ein bestimmtes Einkommen und genügend Wohnraum nachweisen kann. Dies wird durch die Richtlinie keinesfalls geändert. Außerdem bleibt den Mitgliedsstaaten die Möglichkeit weiterhin offen, die Einreise oder den Aufenthalt eines Familienmitglieds aus Gründen der »öffentlichen Ordnung, der inneren Sicherheit oder der öffentlichen Gesundheit« zu verweigern.
[Weitere Beiträge zum Thema »Festung Europa«: www.ilka.org/themen/fe.html]
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Hanobyl wird exportiert

Eine nach wie vor wirkungsvolle Politikstrategie wird derzeit anhand des Exports der Hanauer MOX-Brennelementefabrik nach Rußland nachgespielt: Weil es keine vernünftigen politischen Gründe für den Export gibt, werden juristische Sachzwänge ins Spiel gebracht. Für Erna Normalabgeordnete und Otto Normalparteitagsdelegierten ist die Sache damit erldigt. Die StrategInnen wissen, daß Gerda und Otto juristische Argumente als unumstößlich und objektiv hinnehmen. Eine Expertise im Auftrag der Umweltschutzorganisation Greenpeace räumt mit dem Unwissen auf:
Die Brennelementefabrik fällt gemäß Art. 7 Abs. 2 des Anhangs IV der EG-Verordnung Nr. 338/94 des Rates v. 9.2.1994 unter die Gattung der »dual-use«-Güter, die sowohl zu zivilen, als auch zu militärischen Zwecken genutzt werden können. Damit müssen beim Export internationale Vereinbarungen über die Nichtverbreitung und Kontrolle sicherheitsempfindlicher Güter beachtet werden. Auch unter Berücksichtigung des Kriegswaffenkontrollgsetzes kommt der Verfasser, Rechtsanwalt Michael Günther, zu Schluß, daß »die Genehmigung zwingend zu versagen« ist.
Selbst unter der Annahme, daß die Anlage nicht primär für waffentechnische Zwecke geeignet und bestimmt ist, kann nach § 7 Abs. 2 Außenwirtschaftsgesetz eine Ermessensentscheidung getroffen werden. »Wegen des danach vermutlich festzustellenden, besonderen Risikopotentials und der Ungeeignetheit der MOX-Brennelementetechnik zur schadlosen Verwertung des Plutoniums könnte hier auch das Ermessen auf Null reduziert sein. Eine Ausfuhrgenehmigung darf dann nicht erteilt werden.«

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CASTOR bald wieder unterwegs

Seit dem Nachweis überhöhter Strahlung von CASTOR-Behältern und dem darauf folgenden Merkelschen Transportstopp ist noch kein hochradioaktiver Atomtransport unterwegs gewesen. Das soll sich jetzt ändern (»Politikwechsel nur mit uns!«), die Gerüchteküche der Anti-Atom-Bewegung beginnt heftig zu brodeln.
Demnach planen AKW-Betreiber und baden-württembergische Polizei für Oktober einen CASTOR-Transport vom AKW Philippsburg (zwischen Karlsruhe und Mannheim) zur französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague. Für die erste Novemberwoche (45. KW) meldeten mehrere Quellen einen Transport nach Ahaus - Ausgangsort ist möglicherweise Neckarwestheim. Den zahlreichen Dementis von Bundesgrenzschutz und rot-grüner NRW-Landesregierung dürfte nach dem letzten Täuschungsversuch (kurzfristige Vorverlegung vom CASTOR) kein Glauben mehr zu schenken sein.
Für AtomkraftgegnerInnen empfiehlt es sich, im Internet aktuelle Informationen einzuholen und Mailinglisten zu abonnieren, z.B. www.antiatom.de/ castorxmeter.html oder www.x1000malquer.de. Ältere Beiträge zum Thema:
www.ilka.org/themen/energie.html

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EU will noch nicht klonen

Mit knapper Mehrheit verabschiedete das europäische Parlament in der ersten Septemberwoche eine Resolution gegen das Klonen von Menschen. Vor allem Konservative und Grüne stimmten zusammen mit 237 zu 230 Stimmen für einen entsprechenden Antrag. Anlass war die Entscheidung von Grossbritanniens New Labour, das Klonen von Stammzellen zu erlauben. Selbst Verfechter der Gentechnik bezweifeln, daß die Technik medizinisch Sinn macht. Vielmehr wird in ihr ein Versuch gesehen, das Klonen in der Medizin als Standard zu etablieren. Das Europäische Parlament hat nicht die Kompetenz, die Freigabe zu verhindern. Einziges Druckmittel ist es, EU-Fördergelder an Institutionen, die mit geklonten Menschen arbeiten, zu sperren.
Ich selbst habe mich bei der Abstimmung enthalten. Ich befürworte, daß das Klonen verboten bleibt. Allerdings wird in derselben Resolution medizinische Gentechnik uneingeschränkt begrüßt. Das Parlament fordert »maximale politische, wissenschaftliche und ökonomische Anstrengungen« für Forschung an erwachsenen Stammzellen. Angesichts eines solchen Akzeptanzprogramms ist es nur eine Frage der Zeit, bis das Parlament auch menschliches Klonen als medizinische Notwendigkeit ansehen wird. Gentherapien werden seit fast zehn Jahren erfolglos erprobt, dabei gab es mehrere Tote. Die Washington Post berichtete von 691 Fällen mit schwerwiegenden Problemen nach gentherapeutischen Experimenten allein in den USA.
Bei den deutschen Grünen setzt unterdessen auch in der Gentechnik ein Umdenkprozeß ein. Im Juni schlug Bundeskanzler Gerhard Schröder vor, drei Jahre lang für die Akzeptanz von Gen-Food zu werben. In einer ersten Stellungnahme - voraussichtlich vor Kenntnis von Schröders Rede verfasst - nahm Ulrike Höfken, verbraucherpolitische Sprecherin für die Grünen-Fraktion Stellung: »Gentechnik-Konsens voranbringen… Wir begrüßen und unterstützen die Initiative…Die Unternehmen sind aufgefordert, ihre Ankündigungen für einen offenen Dialog zu realisieren, ein Vertrauensverhältnis zum Verbraucher aufzubauen und sich aktiv an dem angebotenen Programm zu beteiligen.«


Gentechnik-Konsens voranbringen
http://www.gruene-fraktion.de/archiv/pm/2000/00-0370.htm

Magdeburger Bundestagswahlprogramm der Grünen 1998
Freisetzungen gentechnisch manipulierter Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen sind unverantwortlich und in ihren Folgen nicht beherrschbar. Gentechnologie ist eine genetische Umweltverschmutzung. Sie ist in ihren Folgen unbeherrschbar und daher nicht zu verantworten. http://www.gruene.de/archiv/wahl/btwahl98/prog/Wahlprog98/oekologie.htm

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Praktikum

Für Leute, die sich bereits innerhalb oder außerhalb einer Partei politisch engagiert haben, gibt es jetzt wieder die Möglichkeit, ein Praktikum in Brüssel oder Berlin zu machen. Weitere Infos: www.ilka.org/praktikum

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