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Ilka Schröder

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Informationen zum Parteiordnungsverfahren des Bundesvorstandes von Bündnis 90/Die Grünen gegen die Abgeordnete Ilka Schröder
Ilka Schröder:
Erwiderung der Klage des Bundesvorstandes incl. Antrag, die Klage abzuweisen. 15.06.2001

An das Landesschiedsgericht Berlin Bündnis 90/Die Grünen
c/o Sabine J. Daniel
Bxxxxxxxxxxxxstr.

12101 Berlin

Ordnungsmaßnahmen
In dem Schiedsgerichtsverfahren

des Bundesvorstandes Bündnis 90/Die Grünen
vertreten durch den Bundesgeschäftsführer Reinhard Bütikofer,
die Bundesvorsitzende Claudia Roth,
und den Bundesvorsitzenden Fritz Kuhn
Postfach 040609 Platz vor dem Neuen Tor 1
10063 Berlin 10115 Berlin
-Antragsteller-
gegen

Ilka Schröder
Parteimitglied im Landesverband Berlin von Bündnis 90/Die Grünen
Postfach 080417 Friedrichstr. 95 (Box 183, Raum 304)
10004 Berlin 10117 Berlin
-Antragsgegnerin-

wird beantragt,

den Antrag des Bundesvorstandes vom 24.01.2001 als unbegründet zurückzuweisen.

Begründung:

Die Antragsgegnerin hat weder gegen den Grundkonsens verstoßen, noch in anderer Weise das Ansehen von Bündnis 90/Die Grünen in einem hohen Maße beeinträchtigt.
Die Antragsgegnerin engagiert sich seit vielen Jahren für die im Grundkonsens und im Grundsatzprogramm niedergeschriebenen Grundsätze der Partei.

Die Antragsgegnerin hält es nicht für das zentrale Ziel ihrer Politik, die Parteiorganisation Bündnis 90/Die Grünen zu erhalten. Davon steht auch im Grundsatzprogramm nichts geschrieben. Die Antragsgegnerin lehnt das von den VertreterInnen der Strömung »ParteimanagerInnen« verfochtene Verhalten ab, das ohne Rücksicht auf politische Mißerfolge einzig und allein den Umfragewert der eigenen Organisation für wichtig hält.
Wenn in diesem Schriftsatz trotzdem auf der Argumentationsebene des Ansehensverlustes und -gewinns unter Wahlberechtigten argumentiert wird, geschieht dies nur, um auf die Ebene des Antragstellers zu gelangen. Es soll gezeigt werden, daß selbst im Denkrahmen der ParteimanagerInnen der Vorwurf der Parteischädigung ins Leere läuft. Das soll nicht bedeuten, daß eine Parteischädigung angesichts des derzeitigen Zustandes der Partei Bündnis 90/Die Grünen nicht angebracht wäre, um die urspründlichen Ideen der Grünen weiterzubringen.

Die im einzelnen genannten Vorwürfe des Antragstellers sind unbegründet. Auch der Aufforderung durch das Landeschiedsgericht Berlin vom 10.03.2001, den Antrag gemäß § 4 der Bundesschiedsgerichtsordnung zu begründen, ist der Antragsteller bis heute offensichtlich nicht nachgekommen.

Die in dem unbegründeten Antrag auf ein Parteiordnungsverfahren vom 24.01.2001 genannten Vorwürfe befassen sich insbesondere mit den von der Antragsgegnerin vertretenen Positionen in der Flüchtlingspolitik (1.) und der Friedens-/Kriegspolitik (2.). Mit dem von dem Antragsteller pauschal nachgeschobenen »Belastungsmaterial« DENKPAUSE SONDERAUSGABE kann man sich so pauschal nicht auseinandersetzen. Eine Bestimmung, die es einzelnen Mitgliedern verbietet, Flugblätter auf Parteitagen zu verteilen, ist der Antragsgegnerin nicht bekannt.
Der Antragsteller müsste genauer definieren, welche politischen Äußerungen sie für parteiordnungswidrig hält.

1.) Flüchtlingspolitik

Ozan Ceyhun setzte sich in seiner Eigenschaft als Europaabgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen seit Ende 1998 im Europäischen Parlament vor allem für die Abschottung der EU-Außengrenzen gegen Flüchtlinge ein.

In der Fraktion »Die Grünen im Europäischen Parlament/Europäische Freie Allianz« fand Ceyhun für diese Politik erfreulicherweise kaum Unterstützung. Einzig die Abgeordnete Heide Rühle, die sich in der FAZ vom 19.09.2000 selbst ebenfalls dazu bekannte, der deutschen SPD und CDU näher zu stehen als manchem Mitglied der eigenen Fraktion, arbeitete intensiv mit Ceyhun zusammen. Noch wenige Tage vor dem Austritt verfasste Heide Rühle mit Ozan Ceyhun ein gemeinsames Papier zur Migrationspolitik.
Parteiordnungsanträge des Bundesvorstandes gegen Ceyhun oder Rühle sind der Antragsgegnerin nicht bekannt geworden.

Die Antragsgegnerin vertritt eine zu Ceyhun gegensätzliche Position und forderte in ihrer Presseerklärung Nr. 05/2000 vom 30.03.2000 anlässlich der Bekanntgabe der Osterweiterung für die europäische Polizeibehörde EUROPOL zum Zweck der Bekämpfung des illegalen Grenzübertritts:

»… Das Geld, das für die Polen-Europol-Kooperation ausgegeben wird, wäre für humanitäre Maßnahmen besser angelegt: Statt sichere Computerverbindungen zu verlegen, sollte die Schleuser-Branche an der EU-Ostgrenze subventioniert werden. Für viele ist die Nutzung der Fluchthelfer-Dienstleistungen die einzige Möglichkeit, nach Europa zu kommen. Da viele Fluchthelfer ihren Beruf nicht nur aus Humanität, sondern oft auch aus wirtschaftlichem Interesse betreiben, sind die Gebühren für Flüchtlinge oftmals zu hoch.«

Die Forderung fand erst nach der Wiederholung in der Denkpause Nr. 04/2000 vom 17.04.2000 Eingang in die breite öffentliche Debatte. Im Zuge der Diskussion sprach die damals amtierende Sprecherin des Antragstellers Antje Radcke von einer »...dümmlichen und kontraproduktiven...« (taz 22.04.2000) Forderung. In ausländerfreundlichen Teilen der Gesellschaft bewirkte Radcke damit einen Ansehensverlust der Partei. Die Bezeichnung »kontraproduktiv« weist darauf hin, dass Radcke sich mit der von ihr mitverantworteten rot-grünen Grenzabschottungspolitik identifiziert, dass die Grünen für die Abschottung gegen unerwünschte MigrantInnen sind und die Antragsgegnerin diese Politik durchkreuzt. Da bisherige WählerInnen der Grünen aber in ihrer großen Mehrheit für eine solidarische Aufnahme von Flüchtenden eintreten, kann Radckes Äußerung zu einem Verlust von Wählerstimmen führen. Viel wichtiger als Wählerstimmen ist aber das Durchsetzen der Parteigrundsätze in der Regierung und in der Gesellschaft. Auch hier wirkt Radcke parteischädigend, indem sie bestätigt, dass die Parteispitze sich von ihren Grundsätzen entfernt hat.

Zur Eskalation des Konfliktes zwischen Ozan Ceyhun und dem Rest der Fraktion kam es nach dem Tod von 58 Menschen, die auf der Flucht in die EU waren und sich aufgrund der Abschottung der Außengrenzen in einem Kühl-LKW verstecken mussten.

Ozan Ceyhun sagte den anderen Parlamentsfraktionen die Zustimmung der Grünen zu einer fraktionsübergreifenden Resolution zu, in der schärfere Polizeimaßnahmen gegen FluchthelferInnen gefordert werden sollten.

Diese unautorisierte Zusage Ceyhuns musste durch den Fraktionsvorsitzenden Paul Lannoye nach einer Intervention der Antragsgegnerin zurückgenommen werden. Ceyhun vertrat nicht die Meinung der Fraktion Grüne/EFA.

Beweis:
Paul Lannoye, Europäisches Parlament, Rue Wiertz ASP 08 G 206, 1047 Bruxelles, Belgien

Die Darstellung von Ozan Ceyhun, die Grünen träten für schärfere Polizeikontrollen an den EU-Aussengrenzen ein, ist aus o.g. Gründen in der flüchtlingspolitisch interessierten und engagierten Öffentlichkeit fraktions- und parteischädigend gewesen.

Beweis:
Alima Boumediene-Thiery, Rue Wiertz ASP 08 G 258, 1047 Bruxelles, Belgien
(Für Flüchtlingspolitik ist außer der Antragsgegnerin kein weiteres deutsches Mitglied der Fraktion zuständig, daher ist es nötig, die Zeugin Boumediene-Thiery als französische Abgeordnete zu befragen.)

Die Antragsgegnerin rückte in ihrer Presseerklärung Nr. 09/2000 vom 20.06.2000 das Bild der Grünen als Partei des EU-Grenzpolizeiregimes zurecht: »Als Sofortmaßnahme gegen Grenztote muß die Europäische Union ihre Grenzkontrollen sofort stoppen. … Meine ungeliebte Forderung nach einer finanziellen EU-Förderung für Fluchthelfer wäre mit dieser humanitären Maßnahme ebenso überflüssig, wie die Schleuser selbst.«

Die zugespitzte Kritik der Antragsgegnerin an den BefürworterInnen einer stärkeren polizeilichen Abschottung fand ebenfalls Eingang in diese Presseerklärung:

»Wer, wie der bündnisgrüne EU-Abgeordnete Ozan Ceyhun, als Konsequenz aus den Ereignissen in Dover härtere polizeiliche Maßnahmen gegen Menschenschmuggler und eine gemeinsame EU-Einwanderungspolitik fordert, sticht den Flüchtlingsleichen noch ein Messer in den Rücken.«

Die Schärfe der Kritik ist wegen der Tragweite des Programmverstoßes Ceyhuns notwendig und gerechtfertigt.
Es verwundert, dass der Antragsteller noch nach dem Austritt Ceyhuns eine vorhergehende Kritik an ihm zur Begründung für ein Ordnungsverfahren heranzieht. Ceyhun ist am 18.10.2000 ausgetreten, der Antragsteller hat am 09.11.2000 den Beschluss über die Einleitung und Begründung des Parteiordnungsverfahrens gefasst.

Am 18.10.2000 verfasste die Antragsgegnerin die ebenfalls vom Antragsteller kritisierte Presseerklärung Nr. 18:
»Schily con Ceyhun. Zusammen mit dem alten und neuen Parteifreund Otto Schily wird Ozan Ceyhun sein wichtigstes politisches Projekt ein entscheidendes Stück voranbringen.
Die Abschottung der EU-Aussengrenzen gegen »illegale« Einwanderung und die Bekämpfung von FluchthelferInnen ist gemeinsames Ziel der beiden ehemaligen Grünen-Politiker.
Für die europäische Innen- und Einwanderungspolitik der Grünen ist der Weggang von Herrn Ceyhun eine humanitäre Maßnahme.
Ozan Ceyhuns politische FreundInnen müssen sich jetzt fragen lassen, wie sie ihre Zukunft bei den Grünen sehen, oder ob sie ihm nicht lieber zur SPD oder gar zur CDU folgen. Das betrifft besonders jene Grünen, die »schon mehrfach festgestellt (haben), daß ihr deutsche Sozialdemokraten und Christliche Demokraten zum Teil sogar näher stünden als manches Mitglied der eigenen Fraktion.« (z.B. F.A.Z. 19.09.2000)
Würden programmtreue Kräfte innerhalb der Grünen auf allen politischen Ebenen stärker die Umsetzung des Parteiprogramms einfordern, müßten noch weit mehr Grüne ihren Mitgliedsausweis zurückgeben - auch profiliertere als Ceyhun.«

Hier hat die Antragsgegnerin der Partei nicht geschadet, da das Ansehen der Grünen in der europäischen Öffentlichkeit, im Europäischen Parlament, unter den deutschen WählerInnen und insbesondere in der flüchtlingspolitischen Szene durch diese Presserklärung nicht vermindert wurde.
Auch bei der vom Antragsteller beauftragten und geheimgehaltenen repräsentativen Bevölkerungsumfrage der Forschungsgruppe Wahlen Telefonfeld GmbH im Januar 2001 wurde bestätigt, daß die Äußerungen der Antragsgegnerin den Grünen eher nutzen als schaden:
»Die Vorstellungen über einen “idealen Gesellschaftsaufbau” divergieren zum Teil deutlich zwischen den Anhängern der verschiedenen Parteien. Dieses gilt insbesondere für die Frage nach der Stärke der Polizei: Insgesamt möchten 54 % der Deutschen am liebsten in einer Gesellschaft leben, in der eine möglichst starke Polizei für Sicherheit und Ordnung sorgen sollte, 41 % aber präferieren eine Gesellschaft, die versucht, mit möglichst wenig Polizei auszukommen, 8% können oder wollen dies nicht beurteilen. Bei den Anhängern der SPD, der CDU/CSU und der PDS ergibt sich ein vergleichbares Bild: 52 % der PDS-, 53 % der SPD und 59 % der CDU/CSU-Anhänger präferieren eine Gesellschaftsordnung, in der eine möglichst starke Polizei für Sicherheit und Ordnung sorgt. Demgegenüber bevorzugt umgekehrt mit 51 % die knappe Mehrheit der FDP-Anhänger eine Gesellschaft, die versucht, mit möglichst wenig Polizei auszukommen. Noch deutlicher weichen aber die Präferenzen der Grünen-Anhänger von dem Ergebnis in der Gesamtheit ab: nur 18 % der Grünen-Anhänger sprechen sich für eine möglichst starke Polizei aus, 75 % aber ziehen eine Gesellschaft vor, die versucht, mit möglichst wenig Polizei auszukommen. Bei einer detaillierteren Betrachtung fällt auf, daß die Präferenz für möglichst wenig Polizei um so deutlicher ausgeprägt ist, je intensiver die Bindung an die Grünen ist: So bevorzugen von den Befragten, die die Grünen derzeit wählen würden und sich auch langfristig mit ihnen identifizieren, sogar 82 % eine Gesellschaftsordnung, in der versucht wird, mit möglichst wenig Polizei zu operieren…«

Ceyhun schädigte die Partei, indem er sich im Europäischen Parlament nicht für, sondern gegen die Parteiprogramme einsetzte, auf deren Grundlage er von der Bundesversammlung Bündnis 90/Die Grünen für die Wahl zum Europäischen Parlament nominiert wurde. Die Wählerinnen und Wähler wollen aber, dass PolitikerInnen das umsetzen, was in den Programmen gefordert wird. Es ist zu erwarten, dass WählerInnen in Zukunft deswegen ihre Wahlentscheidung zugunsten einer konkurrierenden Liste fällen werden. Ceyhun hat die Konsequenz aus seiner abweichenden Meinung gezogen. Künast, Kuhn und Roth hingegen wollen diese Konsequenz nicht ziehen und betreiben ein Parteiordnungsverfahren gegen ein Parteimitglied, weil es sich für Ziele einsetzt, die von 82 % der intensiven Parteianhänger geteilt werden.

Im innerparteilichen Verhältnis dürfte die Politik Ceyhuns eine Motivationsminderung an der Basis auslösen. Warum sollte Mitglied X noch weiterhin Wahlkampfplakate kleben, wenn grüne Abgeordnete doch nur die Politik von SPD und CDU machen?

Die damalige Bundesvorsitzende Renate Künast trug ebenfalls zur Parteischädigung bei. Künast ist Meisterin im Schönreden grüner Misserfolge. In Ceyhuns Fall - der Austritt des Abgeordneten wurde von der Fraktion mehrheitlich mit Freude zur Kenntnis genommen - verhält sie sich aber wie eine Elefantenkuh im Porzellanladen. Statt Ceyhuns Politik kritisiert die nach wie vor bei den Grünen verbliebene Antragsgegnerin: »Künast bezeichnete zugleich die Äußerungen der 22-jährigen Schröder als ‘unsäglich und unverschämt’. Wenn sie jetzt erkläre, sie freue sich über Ceyhuns Übertritt, verstosse das gegen jeden Anstand.« (dpa 18.10.2000)
Im Verhältnis zur Öffentlichkeit schadet Künast insofern der Partei, als dass gerade von einer Parteivorsitzenden der Einsatz für die Parteiprogrammatik erwartet wird. Man kann von einem Ansehensverlust bei etwa 82 % intensiven ParteianhängerInnen ausgehen.

Die Antragsgegnerin suchte mit Renate Künast seit dem 19.10.2000 mehrfach den politischen Dialog. Auf die Faxe in die Parteizentrale wurde aber nicht reagiert. Auch von der amtierenden Parteivorsitzenden Claudia Roth, die sich selbst gerne als flüchtlingsfreundliche Parteivorsitzende darstellt, wurde eine politische Debatte vermieden. Eine für den 01.06.2001 geplante Podiumsdiskussion über das Verhältnis der Grünen zu Asyl und Fluchthilfe auf Einladung der Grünen Jugend Bayern kam durch die Absage von Roth nicht zustande. (Die Antragsgegnerin hat nach Roth ebenfalls abgesagt.)

Ceyhuns Forderung nach mehr polizeilicher Repression an den Außengrenzen widerspricht nicht nur der Politik der Fraktion, sondern auch dem Grundkonsens der Partei Bündnis 90/Die Grünen. Dort heißt es unter Nummer 7: »Diese Menschenrechte einschließlich des Rechts auf Asyl müssen über die UNO-Konvention hinaus als einklagbare Grundrechte jedes Menschen in der Verfassung und durch Gesetze gesichert sein.«

Um vor politischer Verfolgung sicher zu sein, muss man erst einmal vor den politischen Verfolgern fliehen.
Im Jahr 1999 (für 2000 liegen noch keine Zahlen vor) haben in Deutschland 95.113 Menschen einen Asylantrag gestellt. 91 Prozent von ihnen haben dies getan, als sie bereits im Land waren. Ohne illegalen Grenzübertritt, der oft nur mit Hilfe von FluchthelferInnen gelingt, ist eine Asylantragsstellung in Deutschland für diese Menschen nicht möglich. Selbst eine Studie im Auftrag des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) stellt fest, »dass in der Praxis die auf Grenzbefestigung und den Kampf gegen Menschenschmuggel zielenden Politik in Europa das Asylgrundrecht in einem Ausmass unterhöhlt hat, das es nicht mehr als berechtigt erscheinen lässt, von einem Fortbestand dieses Grundprinzips der Menschenrechte auszugehen« (John Morrison, Übersetzung I.S.).

Beweis:
Marieluise Beck, Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Mauerstr. 45-52, 10117 Berlin
Frau Beck kann Auskunft zur Situation der AsylbewerberInnen und der illegalisierten MigrantInnen in der BRD geben.

Der Antragsteller müsste eine Alternative darlegen, wie verfolgte Menschen in die BRD kommen können, wenn nicht mit Hilfe von FluchthelferInnen. Solange eine solche nicht besteht, kann wohl eher die durch den Antragsteller mitzuverantwortende Abschottung der Grenzen als kriminell bezeichnet werden, als die Überwindung derselben Grenzen. Der Antragsteller hat es bisher im übrigen leider versäumt, für eine Umsetzung der Parteitagsbeschlüsse beider Koalitionspartner nach Abschaffung des diskriminierenden Flughafenverfahrens zu sorgen. Das Flughafenverfahren in Frankfurt am Main wird in dem im Mai 2001 erschienenen Jahresbericht der Menschenrechtsorganisation amnesty international als deutscher Beitrag zu Menschenrechtsverletzungen genannt.


2.) Kriegs-/Friedenspolitik

»Wer sicherstellen will, daß Deutschland weiterhin Kriege führen und gewinnen kann, sollte 2002 unbedingt die Grünen unterstützen. Das Verteidigungskonzept der Bundestagsfraktion bringt nach einer Studie von Professor Reiner Huber von der Bundeswehruni München die qualitativ beste und einsatzfähigste Truppe hervor.« äußerte sich die Antragsgegnerin in der Denkpause 7 vom 29.05.2000.


Die Berliner Zeitung berichtete am 17.05.2000 über den Vortrag von Professor Reiner Huber bei der Rheinmetall DeTec AG am 15.05.2000 in Berlin:
»Soldatenverbände warnen vor Abschaffung der Wehrpflicht. Bundeswehr-Uni: Modell der Grünen am effektivsten… Die Universität der Bundeswehr in München hat unterdessen errechnet, dass die Einsatzfähigkeit der Streitkräfte steigt, wenn der Anteil der Wehrpflichtigen verringert wird. Professor Reiner Huber sagte bei der Vorstellung einer entsprechenden Studie in Berlin, beim Vergleich der bisher vorgelegten Reformmodelle würde das von der Grünen-Bundestagsfraktion bestätigte Konzept, das eine Freiwilligenarmee von 200.000 Soldaten vorsieht, am besten abschneiden. Am Ende der Einstufung nach dem Fähigkeitsgrad würde laut Huber das CDU-Modell rangieren. Wehrpflichtarmeen seien nur billiger, wenn sie nicht eingesetzt würden.«

Im Redemanuskript des Professors »Überlegungen zur Weiterentwicklung der Bundeswehr« heisst es in der Zusammenfassung:

»Insgesamt ist festzustellen, dass keiner der Vorschläge eine Verschlechterung hinsichtlich Qualität und Quantität der Einsatzkräfte im Vergleich zu heute erwarten läßt, der Grad der möglichen Verbesserung jedoch sehr unterschiedlich ausfällt. Um beispielsweise längerfristig einen den Einsatzkräften Großbritanniens und der USA vergleichbaren Fähigkeitsgrad zu erreichen, wäre eine Steigerung auf das 2,6-fache des im Rahmen der bisherigen Planung erreichbaren Werts von 0,38 erforderlich. Eine derartige Steigerung wäre nur bei Übergang auf eine Freiwilligenarmee von 180.000 gemäß dem Vorschlag von B90/Grüne erzielbar unter der Voraussetzung, dass das Niveau der künftigen Verteidigungshaushalte real den Planwerten des 32. Finanzplans entspräche.«

Beweis:
Prof. Dr. Ing. Reiner Konrad Huber, Fakultät für Informatik, Universität der Bundeswehr München, 85577 Neubiberg

Die Ausführungen des Professors Reiner Huber sind weder vom Antragsteller, noch von der Bundestagsfraktion bisher in Zweifel gezogen worden.

Im Grundkonsens der Partei heiß es bei Randziffer 47: »Militärische Gewalt - zumal die mit hochtechnologischen und Massenvernichtungswaffen ausgerüstete - stellt eine generelle Bedrohung dar. Krieg und Kriegsdrohung mit solchen Waffen ist schlimmste, illegitime Gewalt. Deshalb streben wir eine umfassende Abrüstung und Entmilitarisierung der Gesellschaft an und lehnen Krieg als Mittel der Konfliktlösung ab.«

Viele Parteimitglieder, die vom Bundesvorstand bisher offensichtlich keinen Parteiordnungsantrag bekommen haben, engagieren sich parteigrundsatzwidrig für die Bundeswehr. Die Parteimitglieder Rebecca Harms (Fraktionsvorsitzende im Landtag Niedersachsen) und Angelika Beer (Mitglied des Deutschen Bundestages) halten Reden bei Rekrutengelöbnissen, der stellvertretende Bundeskanzler und Außenminister Joseph Martin Fischer setzte die Bundeswehr nicht nur entgegen den Parteigrundsätzen, sondern auch gegen das Verbot in der Verfassung, im 2 + 4-Vertrag und im Völkerrecht ein.

Die Armee so umzubauen, daß Deutschland weiterhin Kriege führen und gewinnen kann, ist nur für eine antimilitaristische Partei eine Schädigung. Die Grünen sind aber keine antimilitaristische Partei, sondern diejenigen, die den ersten Angriffskrieg der Bundesrepublik Deutschland seit der Kapitulation des NS-Regims mit ihrer Zustimmung ermöglicht haben.

Die Mehrheit der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen wird stolz sein, ein effektives Kriegskonzept zu haben, und nicht beschämt. Auch auf einem Parteitag würde ein effektives Kriegskonzept eine Mehrheit finden, wie auch der Angriffskrieg auf Jugoslawien eine gefunden hat. Hier müssten allerdings statt des verpönten Wortes »Angriffskrieg« andere, neue Wortschöpfungen wie »(Luft-) Operationen für Menschenrechte« und »gestaltende Friedenspolitik« herangezogen werden.

Aus gutem Grund wurde von den Vätern und Müttern des Grundgesetzes in den Artikel 26 eine ansonsten im Grundgesetz unüblicher Strafvorbehalt aufgenommen: »Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.«

Die Strafandrohung wird in § 80 Strafgesetzbuch konkretisiert:
»Wer einen Angriffskrieg, an dem die Bundesrepublik Deutschland beteiligt sein soll, vorbereitet und dadurch die Gefahr eines Krieges für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt, wird mitlebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.«

Solange die grünen Kriegsverbrecher in der Bundesregierung, Bundesvorstand, Bundestagsfraktion, Landesvorständen und aus dem Kreis der Parteitagsdelegierten nicht bestraft sind, ist es wohl eher eine Ehre, von einem grünen Parteischiedsgericht des Antimilitarismus schuldig gesprochen zu werden.

Als ZeugInnen zu diesem Komplex sollten gehört werden:

Angelika Beer, Mitglied des Deutschen Bundestages, Luisenstr. 32-34, 10117 Berlin
Frau Beer kann zu den maßgeblich von ihr verfassten Kriegskonzepten der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen Auskunft geben.

Joseph Martin Fischer, Vizekanzler und Außenminister der BRD, Werderscher Markt, 10117 Berlin
Herr Fischer kann dazu Auskunft geben, welche Friedensoperationen er mit der durch die bündnisgrünen Konzepte immer angriffs- und zerstörungsfähiger werdenden Bundeswehr demnächst plant.

Ulrich Cremer, Xxxxxxxxstr. XX, 20357 Hamburg
Herr Cremer war Vorsitzender des Fachbereichs Außenpolitik der Grünen und kann zur Differenz der bündnisgrünen Programmaussagen und der realen bündnisgrünen Politik aussagen.

In dem Gespräch vom 18.9.2000 zwischen den streitenden Parteien hat die Antragsgegnerin ihrerseits den Antragsteller für seine Politik gerügt. Die Politik des Antragstellers widerspricht in fast allen Punkten den Grundsätzen der Partei aus dem Grundsatzprogramm, Grundkonsens und sogar dem weniger bedeutenden Bundestagswahlprogramm 1998. Der Antragsteller hat mit der Fortsetzung seiner Politik zum Ausdruck gebracht, dass er nicht zur Einhaltung des Grundkonsenses bereit ist.

Niemand will dem Antragsteller verbieten, für die Neufassung der Grundsätze der Partei zu sorgen (was er derzeit tatsächlich macht). Im anhängigen Ordnungsverfahren müssen aber die alten Grundsätze gelten - und die sind auf der Seite der Antragsgegnerin.

Wenn die herrschende Ordnung der Partei darin besteht, das Gegenteil von dem zu machen, was im eigenen Programm steht, dann ist es das Recht und die Pflicht jedes Mitglieds, gegen diese Ordnung vorzugehen. Wenn bei dem Einsatz für die eigenen Grundsätze die politischen GegnerInnen auch in den eigenen Reihen steht, ist das nicht das Problem derjenigen, die die Grundsätze vertreten, sondern derjenigen, die dem Parteiprogramm entgegenarbeiten - also der Antragsteller.

Der Antrag auf die Verhängung einer Ordnungsmaßnahme ist aus diesen Gründen zurückzuweisen.

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