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Ilka Schröder

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Keine weitere Demontage des Asylrechts
Stimmerklärung vom 15.06.2000 im Europäischen Parlament


Die Bundesrepublik Deutschland hat im Jahr 1993 das in ihrem Grundgesetz verankerte Recht auf politisches Asyl demontiert. Ihre Grenzen wurden gegen Zuwanderung von Asylsuchenden abgeschottet. Asyl gewährt die Bundesrepublik kaum mehr. Flüchtlinge werden sozial und rechtlich ausgegrenzt oder in die "Illegalität" getrieben.

Der Schmitt-Bericht hat zum Ziel, dieses menschenunwürdige System auf die gesamte Europäische Union auszudehnen. Ausgerechnet dieses System soll zur Grundlage "gemeinsamer Normen für Asylverfahren" gemacht werden. Die Probleme dieser Asylgesetzgebung werden im Bericht Schmitt
nicht angesprochen. Mit keinem Wort wird die unmenschliche Abschiebungshafterwähnt. Auch die soziale Diskriminierung der Flüchtlinge - in Deutschland mittels des "Asylbewerberleistungsgesetzes" - wird nicht kritisiert.

Der Bericht von Herrn Schmitt unterschlägt, daß Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt diskriminiert werden. In Deutschland unterliegen sie einem kategorischen Arbeitsverbot. Nicht einmal die alltäglichen Verstöße gegen die Persönlichkeitsrechte der Asylsuchenden und gegen den Datenschutz werden vom Berichterstatter angesprochen. Durch "Eurodac" und durch das "Schengener Informationssystem" wurden Flüchtlinge zur besterfaßten Personengruppe. Sie sind die ersten "gläsernen Menschen".

Für alle diese Probleme bietet der Bericht von Herrn Schmitt keine Lösungsansätze. Stattdessen beklagt der Berichterstatter die angebliche "unrechtmäßige Inanspruchnahme" des Asylrechts in Europa. Manche Flüchtlinge haben juristisch gesehen nach der Asylrechtsänderung
keinen Anspruch mehr auf Asyl - höchst legitim war, ist und bleibt es, woanders leben zu wollen als am Geburtsort. Dies zu gestalten und optimale Bedingungen dafür zu schaffen, ist die vordringlichste Aufgabe des Parlaments! Stattdessen helfen die Aussagen in dem Bericht, Asylsuchende zu diskreditieren und zu kriminalisieren.

In Bezug auf die Aufnahme von Asylsuchenden wird im Schmitt-Bericht eine "Lastenteilung" innerhalb der EU gefordert. Damit werden Flüchtlinge als "Lasten" verunglimpft. Auf einer solchen Grundannahme kann keine menschenwürdige und den Belangen der Flüchtlinge angemessene Asyl- und Flüchtlingspolitik aufgebaut werden.

Desweiteren werden im Schmitt-Bericht "Rückübernahmeabkommen" begrüßt. Diese sind ein Instrument der Abschottungspolitik, mit denen eine humane Flüchtlingspolitik nichts zu tun hat. Rückübernahmeabkommen führen dazu, daß schutzsuchende Menschen in ihre Herkunftsländer zurückgeschoben werden können. Sie erleichtern die Verweigerung von
Asyl durch die EU-Staaten.

Auch die Regelungen über "Drittstaaten" und "sichere Herkunftsländer" bejaht der Bericht von Herrn Schmitt. Diese Regelungen sind dafür verantwortlich, daß politisch verfolgte Personen in Deutschland kein Asyl bekommen - nämlich immer dann, wenn sie über "sichere Drittstaaten" einreisen oder aus einem sogenannten "sicheren Herkunftsland" stammen. Weil diese Instrumente faire und gerechte Asylverfahren verhindern, sind sie abzulehnen und schnellstens abzuschaffen.

Das Europäische Parlament muß Vorschläge machen, wie den Belangen von Flüchtlingen und Asylsuchenden in der Union Rechnung getragen werden kann. Es muß darauf drängen, daß die Politik der Abschottung, der Demontage des Asylrechts und der Infragestellung der Genfer Flüchtlingskonvention aufhört. Alle Menschen, die Zuflucht in der EU suchen, müssen Zugang zu einem fairen und gerechten Aufnahmeverfahren haben.

Der Bericht von Herrn Schmitt geht leider in eine entgegengesetzte Richtung. Er forciert die Abschottung der EU nach außen und spricht sich für eine weitere Einschränkung des dauerhaften Schutzes von Flüchtlingen und Asylsuchenden aus.

Ich lehne den Ausbau einer Festung Europa und somit auch die Entschließung über "gemeinsame Normen für Asylverfahren" ab.
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